CD 04: Touch of Lips

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Touch of Lips (2001)

SKU: CD04
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Beschreibung

Begeisternde Worte für das Landesjugendjazzorchester Hessen von nicht ganz unbedeutenden Musikern wie Nat Adderley, John Clayton und Jiggs Wigham schrauben die Erwartungshaltung des Hörers dieser CD entsprechend hoch. Und in der Tat: Man wird nicht enttäuscht. Zeigte die CD “Kicks and Sticks” von 1990 bereits außergewöhnliches Format dieser Band, so wird dieses mit vorliegender Scheibe, im Januar 2001 eingespielt, noch übertroffen. Was das Orchester hier unter der Leitung von Wolfgang Diefenbach bietet, hat eindeutig hohes professionelles Niveau.

Tracklist

Featuring Albert Mangelsdorff, Madeline Bell, Alley Scatz, Elwyn L. Green
Leader Wolfgang Diefenbach

1. Isi’s Choice 7:27
(comp & arr Lex Jasper)
ts – John Gürtler, tp – Herwin Lokken, dr – Sebastian Merk
2. I’m Gonna Sit Right Down 2:17
(comp Fred E. Ahlert, arr Jan Wessels, text Joe Young)
voc – Madeline Bell
3. Touch Of Your Lips 4:47
(comp Ray Noble, arr Jan Wessels)
p – Jens Bernhardt, as – Benjamin Engel
4. Dance You Monster 5:47
(comp & arr Maria Schneider)
g – Johannes Repka, tp – Robert Bogaart
5. The Swinger 2:43
(comp & arr Jerry van Rooyen)
voc – Madeline Bell, p – Sebastian Merk
6. Tell Your Story 6:16
(comp & arr Bob Florence)
flh – Robert Bogaart
7. Chunky 6:43
(comp & arr Russ Spiegel)
g – Jan Koslowski, as – Holger Fröhlich
8. In The Jungle 3:45
(comp & arr Henk Meutgeert)
voc – Madeline Bell
9. Lovers 2:51
(comp Jackson / Yancy / Cole, arr lan Sadler)
voc – Alley Scatz
10. Old Cape Cod 4:15
(comp Rothrock / Yakus / Jeffrey, arr lan Sadler)
voc – Alley Scatz
11. The Flea 5:16
(comp & arr Russ Spiegel )
rap voc Elwyn L. Green, ts – Alexander Tischbirek
12. My Lament 5:35
(comp & arr Maria Schneider )
ts – John Gürtler
13. Blues Variations 7:47
(comp & arr Albert Mangelsdorff)
tb – Albert Mangelsdorff
14. The Session 3:50
(comp & arr Henk Meutgeert)
voc – Madeline Bell, as – Benjamin Engel
15. Goin’ Wess 3:53
(comp & arr Jörg Achim Keller)
fl – Wolfgang Diefenbach

Außergewöhnliche Professionalität

Was an den Aufnahmen beeindruckt, ist einmal das perfekte dichte Zusammenspiel von Brass- und Reed-Sections, das bei aller Power und Kompaktheit nie zu einem dicken Klangbrei verschwimmt, im Gegenteil: Transparenz in der Satzarbeit ist ein beachtenswertes Kennzeichen. Auf gleich hohem Standard bewegen sich die Solisten. Alle überzeugen nicht nur durch handwerklich-technisches Können, sie warten auch mit Individualität ihrer Ausdrucksweisen auf. Dass die Band nicht einseitig auf herkömmlichen Big-Band-Jazz mit allzu bekannten Standards festgelegt ist, sich vielmehr den Herausforderungen unterschiedlichster musikalischer Konzeptionen in nicht gerade leichtgängigen Arrangements stellt, ist ihr weiteres Plus. Stücke der modernen Mainstream-Big-Band-Strecke stehen neben zwei sehr komplexen und anspruchsvollen Kompositionen und Arrangements von Maria Schneider. Es wird ins swingende Traditionsfach gegriffen, und dazu in völligem Kontrast fließt mit Albert Mangelsdorffs Blues Variations – er ist hier auch der Gastsolist – neutönerisch gefärbtes Material ein.

Das Spektrum wird erweitert durch mächtig groovenden Funky-Sound (Chunky), dominiert durch E-Gitarre und Altsaxophon über dichtgestrickten Bläsersätzen. In HipHop-Gefilde führt der Rapper Elwyn L. Green in The Flea, unterstützt durch die Staccato-Vocals der Band, aber auch hier sind die Bläserparts so gesetzt, dass sie das Geschehen weitgehend mitbestimmen, eine durchaus akzeptable Synthese. In Lovers und Old Cape Cod bereichern Alley Scatz, eine dreiköpfige weibliche Vokalgruppe aus Kanada, die Szene; ihr Vorbild Manhattan Transfer ist unüberhörbar. Die Big-Band-erfahrene Vokalistin Madeline Bell ist in vier Stücken zu hören, wobei sie ihre kraftvolle Stimme mit effektvoll nuancierter Dynamik einsetzt. In der Begleitfunktion für die Vokalistinnen zeigt das LJJO gleichwohl seine Stärke.Goin’ Wess, komponiert und arrangiert von hr-Big-Band-Chef Jörg Achim Keller, beschließt die CD; hier kommt auch Bandleader Wolfgang Diefenbach als Flötist zu Ton. Ihn muss man bei der Leitung des LJJO fürs Musikalische wie auch fürs Geschäftliche eine glückliche Hand bescheinigen; machen doch die Tücken einer solchen Formation – u. a. vorgeschriebene Altersbegrenzung der Bandmitglieder und damit einhergehende Fluktuationen und die stetige leidige Frage nach dem Geld – das Geschäft nicht gerade leicht. Diefenbachs Idealismus und unermüdlichen Aktivitäten sowie nicht zuletzt auch der hörbar hohen Motivation aller Bandmitglieder ist diese für eine Jugend-Jazzformation außergewöhnliche Professionalität zu verdanken, die das LJJO Hessen zu einer besonders herausragenden Band im Ensemble aller bundesdeutschen Landes-Jugend-Jazz-Orchester macht. Quod est demonstrandum mit dieser CD. Jazz Podium

Hörtipp

Schon vor mehr als einem Jahrzehnt machte Hessens Jazz-Nachwuchs auf sich aufmerksam: Für Kicks and Sticks gab es den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Schwer, aber nicht unmöglich, diesen Erfolg noch zu toppen. Mit Touch Of Lips hat Bandleader Wolfgang Diefenbach jetzt ein Album vorgelegt, das stilistisch vielleicht noch abwechslungsreicher ist als der Vorgänger von 1990: Da ist zum einen Sängerin Madeline Bell, die der Produktion ihr rauchiges Timbre verleiht. Die kanadischen Alley Scatz mischen ein wenig Manhattan Transfer in den Big Band Sound und Elwyn L. Green zeigt, dass US-Stars wie Courtney Pine und Buckshot LeFonque durchaus kein Monopol auf Rap-Jazz haben. Auch Posaunen-Urgestein Albert Mangelsdorff hat eine Komposition beigesteuert und lenkt Touch Of Lips damit wieder von Pop-Nähe auf hochkonzentrierten Kopf-Jazz. Wer sich 73 Minuten und 46 Sekunden für Touch Of Lips Zeit nimmt, wird nach dem Hören vergessen haben, dass diese Big Band “nur” der Nachwuchs ist. Oberhessische Presse

Stilistisch facettenreich

Über die eigenen hohen Standards noch hinauszuwachsen erscheint schwer:Kicks and Sticks – die erste CD des Landes Jugend Jazz Orchesters Hessen von 1990 – gewann den Preis der Deutschen Schallplattenkritik und avancierte zu einer der bestverkauften Jazzplatten Deutschlands. Mit ihrem neuen Album Touch Of Lips ist es den jungen hessischen Jazzern stilistisch facettenreich gelungen.

Beeindruckend auf ihrer neuen CD ist die stilistische Bandbreite des LJJO Hessen. Nicht etwa nur altehrwürdige Standards aus dem Pantheon der Jazz-Geschichte wurden bearbeitet, sondern der stilistischen Aufgeschlossenheit der beteiligten Musiker entsprechend auch moderne, von gängigen Big Band-Mustern erfrischend abweichende Arrangements sind Programm. Dabei gibt es Berührungspunkte zur neueren Popmusik ebenso wie etwa mit dem Beitrag von Albert Mangelsdorff sogar neutönerische Ansätze in der Kompositionstechnik. Zum Teil wurden die Partituren der renommierten Arrangeure exklusiv für das LJJO erarbeitet oder aber für diese CD-Produktion umgeschrieben. Lex JaspersIsi’s Choice besticht sofort durch fanalisch an- und abschwellendes Blech, raffinierte Dynamiksprünge und einen präzise federnden Zugriff auf das Material. Mit John Gürtler am Tenorsaxofon ist schon im Opener belegt, welches improvisatorische Potential in der Band steckt. Völlig relaxt und geradezu lasziv unabhängig von der Time ist seine Linienführung, klanglich in bester Tradition von Ben Webster und anderen Saxofon-Schmeichlern seines Kalibers. Die feinnervig pulsierende Schlagzeugarbeit kommt von Sebastian Merk, einem der jüngsten Mitglieder der Band: Jazz-Stipendiat der Stadt Frankfurt im Jahre 2000 und vielleicht der Mann mit der größten Bandbreite im Ensemble. Dass er bei anderen Kompositionen kurzerhand sein Schlagzeug mit dem Piano tauscht und auf den Tasten soliert, ist – wie auf The Swinger zu hören – weit mehr als ein publikumswirksamer Gag. I’m Gonna Sit Right Down singt Madeline Bell mit dunklem, geheimnisvoll zurückhaltendem Timbre und ist dabei inmitten fetter Big Band-Riffs platziert.

Mit unheilschwangerem Gestus dunkel dräuender Klangfarben von Maria Schneiders Dance You Monster zeigt das LJJO, wie modern Big Band-Arrangements klingen können. Dem schwierigen Arrangement wird die Band in einer Weise gerecht, übrigens auch solistisch, dass die New Yorker Klangsetzerin, die häufig mit jungen Nachwuchsmusikern Workshop veranstaltet, mit Sicherheit ihre Freude daran hätte.

Chunky und The Flea, die beiden Beiträge des amerikanischen Wahl-Frankfurters Russ Spiegel, sind mindestens zwei ganz verschiedenen Göttern verpflichtet: Duke Ellington und James Brown geben sich freundschaftlich die Hand. Kantiger Funk, stechende Bläsersätze, die Linienführung des Themas vereint im Unisono Tenorsaxofon und verzerrte E-Gitarre – einigermaßen unüblich im Big Band-Genre. Über dicht gewebtem Groove kreischt Jan Koslowskis Gitarrensolo, Holger Fröhlichs soul-inspiriertes Altsaxofon-Solo wird vom immer wieder Spannung pumpenden Arrangement der Tieftöner gestützt.

The Flea arbeitet mit HipHop-Grooves und kollektivem Sprechgesang der gesamten Band. Gekrönt wird der kleinteilig pulsierende Teppich von den Stakkato-Kanonaden der Rap-Vocals von Elwyn L. Green. Seine Stegreif-Poesie steht im Vordergrund, doch es sind die klug gesetzten Bläserarrangements, die diesen hochkarätigen “Flohzirkus” zu einer erfreulich erfrischenden Reise in die Welt des Dancefloor werden lassen. Das animierende “Lovers” ist von den irisierenden Klangfarben des jubilierenden Satzgesangs der Alley Scatz geprägt. Die drei Kanadierinnen wecken sofort die Erinnerung an The Manhattan Transfer – bassbereinigt zwar, aber da hat hier ja die Big Band ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Sie treibt die drei attraktiven Damen in Gänsehaut erzeugende Regionen: spätestens wenn Pamela Henrys trompetenähnliche High Notes am Ende des Stücks stimmlich die Stratosphäre berühren. Eine instrumentaltechnische und künstlerische Herausforderung auch für ein professionelles Orchester ist das Arrangement Blues Variations von Albert Mangelsdorff.

Eine Komposition für Jazz-Orchester, die meilenweit entfernt ist von den gängigen Big Band Patterns. Auch das kann “Big Band” sein, auch das braucht das Genre, um nicht als alt oder angestaubt abqualifiziert zu werden. Wie sich hier die drei Ebenen der Linienführung im Arrangement reiben, sich überlagern und gegeneinander entwickeln, um am entscheidenden Punkt dann doch wieder zusammen zu sein, das ist einigermaßen abenteuerlich. Über diesem metrisch-harmonischen Hexenkessel steigt Alberts Posaune auf in ihrer ganz einzigartigen Klangkultur, vor sich hin blubbernd und brodelnd, immer wieder scheinbar ganz beiläufig die Gelenkstellen der Komposition betonend. Guenter Hottmann, HR

Touch of Lips spiegelt den bemerkenswert hohen Leistungsstandard eines Orchesters wider, das Lob selbst von ausgesprochenen Genre-Größen erntet.Is this really a youth band? fragte einst US-Trompeter Randy Brecker erstaunt, als er Diefenbachs Formation erstmals hörte. Und sein nicht weniger berühmter Landsmann Nat Adderley, Bruder von Cannonball Adderley, stellte fest: Yes, really a great band!

Das Album kann als Paradebeispiel dafür gelten, welche Bandbreite eine moderne Big Band heutzutage drauf hat. Diefenbach ist denn auch kein Purist, der seine Youngster allein im klassischen Big Band-Sinn agieren lässt. Vielmehr zeichnet sich die Formation durch ihre stilistische Offenheit aus. Ja, sie ist selbst zugänglich für gepflegte Pop-Klänge. Veredelt wird die in jeder Beziehung anspruchsvolle Produktion, übrigens was auch das äußerst informative dreisprachige Booklet betrifft, durch diverse Vokalistinnen sowie einem spektakulären Gastaufritt des legendären Albert Mangelsdorff. Der Mann, den sie einst als Posaunen-Weltmeister bezeichnet haben, gibt mit Hessens jugendlicher Jazz-Elite seine Blues Variations zum Besten. Wiesbadener Kurier